Zur Gründung von Hammer in der Eifel
Texte von Dr. Elmar Neuss
Zur „Gründungsurkunde” von Hammer
Anders als die Höhenrücken des Monschauer Landes sind die größeren Täler von Rur, Kall und Vicht nur zögernd erst vom 14. Jahrhundert an erschlossen worden. Ursache dafür war die Entwicklung der Eisenverhüttung und -verarbeitung mit Nutzung der Wasserkraft durch Mühlenwerke. Gemäß dem Forstrecht war zur Wassernutzung die Genehmigung des Waldherren erforderlich, hier des Herzogs von Jülich. Seit 1435 war nämlich das Monschauer Land endgültig ein Amt im Herzogtum Jülich geworden, nachdem die Jülicher schon früher (seit 1238) in Fragen des Forstrechtes mitbestimmten. Die Übertragung des Grundstücks zu erblichem Besitz, von der die folgende Urkunde berichtet, geschah aber nicht durch den Herzog von Jülich, sondern im Namen des Thoniß von Palant, Herrn zu Reuland, der das Amt pfandweise verwaltete, nachdem sein Vater Johann von Palant dem Herzog ein umfangreiches Darlehen gewährt und dafür die Amtmannschaft als Pfandherr erhalten hatte. Als „echte” Jülicher Amtsträger erscheinen jedoch beim Vorgang der Forstmeister Heinrich van der Baillen, der Rentmeister und Schultheiß Peter von der Hardt sowie die Förster und Gerichtsschöffen des Amtes als Zeugen. Die Stelle hatte offenbar noch keinen ständigen Namen und wurde in der Urkunde nur allgemein der Lage nach umschrieben: „bei Monschau an der Rur gegenüber Eicherscheid”. Das dort entstehende Hammerwerk und die anschließende, nach und nach entstehende Siedlung erhielt nach den Gründern Hermann Hamerschmid und seiner Frau Entgen schließlich den Namen „Hammer” (älter zunächst „Hermannshammer” oder auch „Hermeßhammer”).
Abschrift der „Gründungsurkunde” von Hammer
Regest
1463 November 30 (auff sanct Andreas tag deß heiligen apostelß) - Im Auftrag des Pfandherren des Amtes Monschau, Thoniß von Palant, Herrn zu Reuland, überträgt der Forstmeister Heinrich vann der Baillen im Beisein von Förstern, Schultheiß und Rentmeister sowie den Schöffen dem Meister Herman Hamerschmid und seiner Ehefrau Entgen ein Erbe auf der Rur (uff der Rhorn) gegenüber Eicherscheid im Waldgeleit zins- und schatzfrei mit dem Recht zur Anlage eines Wehrs für einen Eisenhammer, das den Laichzug der Fische nicht behindern darf, gegen eine jährliche Gebühr von 3 oberländ. rhein. Gulden. Der Pfandherr hat den Empfänger belehnt. Verhandelt am vorangegangenen Martinstag [November 11]. Es siegeln der Pfandherr, der Forstmeister und für die Förster Peter von der Hard.
Abschrift aus der besiegeltgen Ausfertigung im Lagerbuch des Amtes von 1649 StaMON 1. Abt. G 2, fol. 295v- 297v
Kundt sey allen leuthen, die diesen breiff ansehen off hoeren/leßenn, daß auf sancti Mertenß dag deß heiligenn/bischoffs, nu negst vergangen, von bevelle deß vesten,/meineß lieven junckern, junckern Thoniß von Palant,/296r/ herr zu Rulandt, pantherr zur zeit zu Monioie, jch/Heinrich vann der Baillen, forstmeister zur zeit zu Monioie,/vermitz beisein der erbern forster zu Monioie,/scholteißen, rhentmeistern, scheffen van Monioie ein theil/unnd sonst noch erber lyude, die zugehoren unnd gehort/hant, dat wir, forstmeister unnd vorster vorß. von bevelle/unsers lieven junckern, junckern Thoniß vorß. und vermitz/die erbern luyde, so vorß. sein, unnd so waldtz unndt von/dem furster recht ist, zu rechter erffschafft zu ewigenn/tagen vererft unnd gewerfft hant unnd erven in crafft/dieß briefs den erbern man, meister Herman Hamerschmid,/meister Henrichs sohn, waß von der hutten selige, der/zu Eupen pflach zu wohnen, unnd Entgen, deß vorß./Hermanß eheliche haußfraw unnd jhre erven in deß/waldtz geleide beneben Monioie uff der Rhorn entgen/Eicherscheidt, so dat die eheleute unnd jhre erven vorß./mit etlichen erven, dae gelegen, die zo vorzeittenn/wahren gewest Kirstgen Scheffers unnd seiner gedlinck(?) und/Claißgen Steinmanß vann Mentzerott mit noch etlichen erve,/dae gelegenn bynnen einem begriffe, sullent und moegent/leven unnd done alß mit jhrem eygenen prauperen erve,/dann id auch nu vort ere eigen prauper erve ist, jn masen [Kennzeichnung von 3 Siegelstellen] |
Wortlaut der Urkunde in heutigem Deutsch übersetzt von Dr. Elmar Neuss Und ich, Thoniß habe durch das Vorstehende die genannten Eheleute und ihre Erben nach dem Vorstehenden mit den genannten Grundstücken belehnt und darauf von Herman die gebührenden Eide und Huldigung empfangen, nämlich dem Herrn und dem Land von Monschau treu zu sein, seinen Zins zu bezahlen und unsere Erbleihe in Empfang zu nehmen, so oft das notwendig wird und sich davon gehört. |
Anmerkung zum Inhalt der Urkunde
,Erbe' meint ein vererbbares Grundstück, das auch vom Inhaber verkauft werden konnte. Eigentümer im heutigen Sinne blieb dagegen der Landesherr. Dafür war in der Regel eine jährliche Abgabe (der Schatz) fällig, von dem Hermann aber befreit war (Z. 32ff.). Die rechtliche Form des Besitzverhältnisses der Siedler im Forst von Konzen-Monschau war die sog. ‚Erbpacht'. Die Lizenz und jährliche Zahlung betraf im vorliegenden Fall allein die Wassernutzung. Der Käufer Herman Hamerschmid stammte aus Eupen, war also „Ausländer" aus dem benachbarten Limburgischen - deshalb die ausdrückliche Bestimmung (Zeile 23f.), dass er über alle Nutzungsrechte verfügen konnte, die auch den Einheimischen (undersassen deß landtz) zustanden. Das fragliche Gelände war schon vorher gerodet und nutzbar gemacht/bewirtschaftet worden von Kirstgen Scheffers und Claißgen Steinmanß aus Menzerath. (Ob auch schon bewohnt ist nicht entscheidbar).
Zu den Abschriften der „Gründungsurkunde” von Hammer in den Archivverzeichnissen
Text von Dr. Elmar Neuss
Die Auszüge aus dem Archivverzeichnis von Krudewig (siehe unten) passen in den Zusammenhang, sind aber in einem wichtigen Punkt überholt: Krudewig hat für seine Bestandsaufnahme (um 1900) nicht das originale Lagerbuch von 1649 benutzen können, das zu seiner Zeit verschollen war, sondern nur die (Teil)Abschriften, die Dr. Heinrich Pauly (Rektor der Höheren Knaben-Schule in Monschau) in den 60er Jahren des 19.Jahrhunderts hatte nehmen können (s. die zitierte S. 226). Diese Aufzeichnungen Paulys (mit einer Reihe von Lesefehlern) sind im Stadtarchiv Monschau noch in seinem Nachlass vorhanden. Das originale handgeschriebene Lagerbuch von 1649 (d.h. eine Bestandsaufnahme der im Jahr 1649 aktuell geltenden Rechtsverhältnisse und Einkünfte des Amtes Monschau) ist dann in den 20er Jahren in das Stadtarchiv Monschau gekommen. Daneben existiert noch ein weitgehend gleichlautendes Exemplar im Staatsarchiv NRW (Duisburg), das als Reinschrift aus dem Monschauer Exemplar für die Düsseldorfer Regierung angelegt worden ist. Der Monschauer Foliant enthält die 1649 an Ort und Stelle in zeitgenössischer Kursivschrift von verschiedenen Händen aufgezeichneten Einträge und ist insofern maßgebend. Dieses liegt auch meiner buchstabengetreuen Textaufnahme zugrunde. (Daher der Überlieferungshinweis Stadtarchiv [StaMON] und Signatur). Nach diesem Befund ist auch das einleitende Regest (zusammengefasste zentrale Nachrichten einer Urkunde) neu formuliert. Die Tatsache der schon früheren Erfassung ist mit dem Hinweis auf das Verzeichnis von Krudewig notiert. Dem Rückgriff auf das originale Lagerbuch gebührt aber der Vorzug wegen seiner größeren Nähe zur Überlieferung.
Obiger Ausschnitt aus: Dr. Johannes Krudewig: Übersicht über den Inhalt der kleineren Archive der Rheinprovinz (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Hermann Behrend Verlag Bonn 1909), Band III, S. 213 Nr. 10
Siehe dazu unten die Referenz aus Krudewig Band III, S 226, Nr. 171.
16.11.22 Textzusammenstellung des Regest, der Abschrift und Verweis auf den Eintrag von Krudewig von Bernd Tesch (UCR)
25.11.22 Einleitungstext von Dr. Elmar Neuss (UCR)
12.12.22 Einfügung von Ergänzungen bzgl. des Eintrages von Krudewig von Dr. Elmar Neuss
(UCR)
17.12.22 Erläuterung zum Inhalt der Urkunde von Dr. Elmar Neuss (UCR)
9.1.23 Übersetzung der Urkunde von Dr. Elmar Neuss (UCR)